Der Tod meines Vaters
"Gedenkt an eure Lehrer, die euch das Wort Gottes gesagt haben;
ihr Ende schaut an und folgt ihrem Glauben nach", Hebr. 13,7.
Mein Bericht über Papas letzten Lebensweg
Gott hat letztlich alles gut gemacht! Vielen Dank an ihn, wie er die Fäden in der Hand hielt, ohne dass wir es immer gemerkt hätten! Mein Vater konnte daheim sterben in seinem Haus im Kreis seiner Familie! Er hatte keine Operationen mehr, keine Krankenhausaufenthalte, keine Rehas! Sein Bruder, ein Arzt, erzählte am Grab, mein Vater habe ihn, als es mit seiner Parkinson-Krankheit schlimmer wurde, vor Jahren um Hilfe gebeten. Und obwohl sein Bruder weit weg wohnte, half dieser ihm durch Pflege und medizinischen Rat in seinen letzten Lebensjahren sehr viel und sorgte dafür, dass er eine möglichst gute Lebensqualität hatte. Was für ein Grund zum Danken!
In der Osterzeit 2017, also vor einem Jahr, sagten die Ärzte, mein Vater habe vielleicht noch eine Woche zu leben. Er hatte eine Form von Parkinson, wo man zwar nicht zittert, aber er wurde immer dünner und dementer und gebrechlicher. Das tat mir sehr weh, ich musste weinen, denn darauf war ich nicht vorbereitet. Doch nun hat es unser Vater im Himmel so eingerichtet, dass alles so gut ausging und mein Vater noch fast ein Jahr leben konnte, bis zum 8.3.2018, so dass ich in den Ferien immer (wenn auch nur wenige Tage und jeder Abschied war sehr schmerzlich) Zeit mit ihm verbringen konnte. Das war ein sehr wertvolles Jahr!! Vielen Dank!
Was auch segensreich war, wenn auch nicht schön: Die Krankheit bringt ein Auf und Ab mit sich. Das heißt, es gab immer wieder Tage, wo mein Vater richtig gut dran war. Anfang Januar konnten wir herrlich in der Sonne im Schnee spazieren gehen mit Blick auf die Schwäbische Alb. Er war bis zum Schluss fast jeden Tag auf, machte Spaziergänge, saß mit am Esstisch am Ehrenplatz des Hausvaters (wenn er auch zunehmend Hilfe beim Essen brauchte, aber eigentlich noch wenig). Auch spielte er noch lange, vielleicht bis Weihnachten, Klavier, las beim Frühstück aus den Losungen vor. Beides konnte er, da das Lesen praktisch nicht mehr ging, aus dem Kopf. Es reichte beim Bibelvers, wenn er ein paar Worte las, und der Rest kam von selber.
Schon seit einigen Jahren merkte meine Mutter, dass mein Vater so viel aus der Hand geben musste, die Verwaltung der Stundenkasse, den Besuchsdienst in der Kirchengemeinde (schon in Altenrieter Jahren hat er als Kirchengemeinderat während der Vakanz des Pfarrers den Besuchsdienst bei Senioren-Geburtstagen übernommen und teilweise uns Kinder mitgenommen), das Organisieren der Orgeldienste, die Verwaltung des Familien-Geldes, Steuererklärung, Beihilfe etc. Meine Mutter erlebte schon damals eine Art Sterben, dass ihr 50 Jahre da gewesener Partner plötzlich nicht mehr konnte. Mein Bruder Gerhard übernahm viel, aber auch andere Geschwister in dieser Richtung, Martin und seine Kinder machten viel Verwaltungsarbeit, Daniel. Den größten Einsatz brachte meine Schwester Maria, die zu den Eltern zog und ganz für sie da war seit drei Jahren jetzt. Aber es fiel meinem Vater so schwer, das Loslassen. Er liebte diese Verwaltungsdinge erstaunlicherweise sehr.
So wurden seine Tage immer länger, wenn er seine geliebten Organisationsaufgaben nicht mehr hatte. Auch war er immer sehr praktisch, reparierte gerne, sorgte für Essensvorräte durch planmäßiges Einkaufen, dass auch sonst in Haus und Hof alles praktisch organisiert war, die Müll-Entsorgung, die Türen nicht quietschten, Pakete mit gutem Klebeband und guter Verpackung weg kamen, dass Fotos ausgedruckt wurden, dass am Computer alles in Ordnung war und lief. Auch viele Schwäger haben da geholfen. Aber wie traurig war es die letzten Jahre, als er das immer weniger konnte! Sein Lebensinhalt wurde ihm immer mehr genommen!
Vorbildlich war, wie er zwar zu kämpfen hatte und monatelang noch grübelte und versuchte, Abrechungen doch noch hinzubekommen! Das war eine schwere Zeit. Wenn er immer so unruhig war, auf die Zeit schaute den ganzen Tag, wann denn die Bibelstunde unten im Haus losginge. Trotz dieses Kämpfens, dieser Unruhe, dieser Sorgen, die ihn quälten, weil er noch in gewohnter Weise etwas organisieren zu müssen glaubte, trotzdem klagte er nie laut, sondern letztlich nahm er es vorbildlich hin und ergab sich in sein Schicksal. Da er immer im Leben auf fast alles verzichtete, kaum Alkohol trank, kaum essen ging, kaum reisen wollte, kaum mal Geld ausgab, fiel ihm das nun wegen der lebenslangen Übung wohl auch nicht so schwer. Er blieb dennoch meistens heiter, trocken humorvoll, ließ die anderen machen. Er hatte auch nie ein Problem, zum Arzt zu gehen, sorgte voller Engagement dafür, dass sein Parkinson auch ordentlich diagnostiziert wird, ließ sich auch vorbildlich vom Pflegedienst zu den vorgegebenen Uhrzeiten vom Esstisch wegholen und gerne die Pflege gefallen.
Meine Schwester Hedwig organisierte einen Kalender, nachdem unsere Schwester Maria an den Wochenenden und in den Ferien wenigstens ein paar Tage von uns anderen Geschwistern abgelöst wurde. So kamen wir einigermaßen über die Runden, auch wenn es zunehmend schwerer wurde mit der Pflege. Am Schluss hatte mein Vater Pflegegrad 4. In ihrem Wohnort Pliezhausen, wo es meine Eltern seit 2004 sehr gut angetroffen haben mit Kirchengemeinde und Einkaufsmöglichkeiten, auch mit dem sehr schönen Haus, das ihnen die Hahn'sche Gemeinschaft großzügig renovierte und vermietete, gab es eine sehr gute Pflegeberatung und sehr gute Diakoniestation. Zweimal am Tag kam eine Pflegerin, meine Eltern bekamen Physiotherapie.
Aber gegen Ende, als mein Vater dann kaum mehr beim Spülmaschine-Einräumen helfen konnte, gingen die Tage langsam herum und vor allem auch die Nächte. Meine Mutter hörte mit ihm ERF nachts oder Radio Horeb, sang Lieder, las Psalmen und sagte auswendig Lieder auf. Ich erinnere mich auch, dass ich ihm auf dem Tablet-Gerät vorgelesene Psalmen abspielte, was er gut aufnehmen konnte (youtube). Vor einem Jahr lasen wir ihm auch einige Zeit aus seinem geliebten Jörg Erb vor, die Lebensbilder von Heiligen und Christen. Mein Vater stürzte auch mehrmals. Weil er nur noch Haut und Knochen war, brach er sich aber nichts. Auch war er immer geschickt im Abrollen. Auch hatte er durch das Klavierspielen bis zum Schluss sehr feine und fühlsame Fingerspitzen und hörte auch immer noch sehr gut, auch das, was wir draußen vor dem Zimmer sprachen. Und er hatte auch immer noch gute Zähne bis zum Schluss.
So ging es immer auf und ab. Mehrmals im letzten Jahr hieß es, jetzt geht es in den nächsten Tagen zuende. Er sprach auch mit uns über den Tod: Es sei ein komisches Gefühl mitzubekommen, wie alle (er hatte es gut: immer viel Besuch, Kinder, süße Enkel, aber auch turbulent) über die Bundestagswahl redeten (Sept. 2017) oder später über die Vorbereitungen auf Weihnachten, er aber damit fertig werden müsse, dann gar nicht mehr zu leben! Meine Schwester Johanna fragte ihn noch ganz mutig: Wie denkst du über das Sterben, ist es schlimm für dich oder etwas Schönes? Er sagte: Es ist erträglich!
Dann wurde meine Mutter schwer krank, Lungenentzündung. Auch meine Schwester Maria hatte Fieber und starken Husten. Und auch bei meinem Vater ging es wieder einmal bergab. Alle möglichen Geschwister kamen zu Not-Einsätzen. Sogar mein Bruder Matthias aus USA kam nochmal für eine Woche, wie herrlich. Wir verbrachten wertvolle Stunden mit unserem geliebten Vater. Ohne zu wissen, ob er sich vielleicht doch wieder ein wenig erholt wie so oft bei dieser Krankheit.
Das verrückte war, meine Mutter, selber in vielem auf Hilfe angewiesen, hatte im letzten Jahr unheimlich viel, unmenschlich viel an meinem Vater getan, war nachts sehr oft für ihn aufgestanden. Oft konnte sie auch nicht mehr, dann musste das Bett mit einem Gitter abgesperrt werden, dass mein Vater in der Verwirrung nicht aufsteht und fällt. Er bekam Einlagen. Das waren sehr schwere Entscheidungen und traurige Tage! Mein Vater bekam das auch noch mit und wehrte sich gegen das Einsperren. Aber es ging einfach nicht anders. Dann kam aber wieder jemand und hatte Kraft und lief mit ihm nachts zur Toilette, gab ihm etwas zu trinken, Milch, oder Zuspruch. Er sang auch spontan Trostlieder in den langen Nächten. Da meine Mutter aber irgendwann selber so schwer krank war, konnte sie nicht mehr. Sie selber brauchte so dringend Schlaf, so dass wir sie ausquartierten in ein Nachbarzimmer, bzw. sie sich selber. Dann wachten wir Geschwister und sein Bruder aus Dortmund bei ihm reihum. Am Ende hatte meine rührende älteste Schwester die richtige Eingebung. In der Woche, in der er am Donnerstag starb, hatte sie spontan Urlaub von ihrer Arbeit genommen und kam aus Frankfurt /M. Sie und andere merkten, dass es meinem Vater sehr schlecht ging. Am Sonntag war er noch auf dem Balkon in der Sonne mit meinem Bruder Gerhard, dann aber stand er nicht mehr auf. Aufopferungsvoll war meine große Schwester rund um die Uhr da, gab ihm zunächst noch flüssige Nahrung, dann nur noch Wasser durch den Mund, dann auch das nicht mehr. Sie konnte nur noch Mund und Lippen ein wenig befeuchten.
Währenddessen lagen seine sonstigen Pflegerinnen, meine Mutter und Maria, schwer krank im Nachbarzimmer bzw. ein Stockwerk höher. Zum Schluss holte meine Schwester Johanna meine Mutter nochmal an sein Bett. Sie saßen bei ihm, beteten den 23. Psalm. Als er die Stimme unserer Mutter mit seinem immer noch so guten Gehör hörte, konnte er sterben, so erzählte Johanna. Es sei ein sehr bewegender Moment gewesen. Sie habe nicht gewusst, wie ihr geschähe und wo sie sei. In dem Moment, nach ca. 15 Minuten, sei Karls Schwester Hedwig zur Tür hereingekommen. Sie sei so froh gewesen, dass sie dann geholfen habe bei der Versorgung des Toten.
Alle Geschwister kamen angereist noch am Donnerstag. Am Sonntag war im Gottesdienst die Predigt über den Vers: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein. Wenn es aber stirbt, bringt es viel Frucht.
Gott hat letztlich alles gut gemacht! Vielen Dank an ihn, wie er die Fäden in der Hand hielt, ohne dass wir es immer gemerkt hätten! Mein Vater konnte daheim sterben in seinem Haus im Kreis seiner Familie! Er hatte keine Operationen mehr, keine Krankenhausaufenthalte, keine Rehas! Sein Bruder, ein Arzt, erzählte am Grab, mein Vater habe ihn, als es mit seiner Parkinson-Krankheit schlimmer wurde, vor Jahren um Hilfe gebeten. Und obwohl sein Bruder weit weg wohnte, half dieser ihm durch Pflege und medizinischen Rat in seinen letzten Lebensjahren sehr viel und sorgte dafür, dass er eine möglichst gute Lebensqualität hatte. Was für ein Grund zum Danken!
In der Osterzeit 2017, also vor einem Jahr, sagten die Ärzte, mein Vater habe vielleicht noch eine Woche zu leben. Er hatte eine Form von Parkinson, wo man zwar nicht zittert, aber er wurde immer dünner und dementer und gebrechlicher. Das tat mir sehr weh, ich musste weinen, denn darauf war ich nicht vorbereitet. Doch nun hat es unser Vater im Himmel so eingerichtet, dass alles so gut ausging und mein Vater noch fast ein Jahr leben konnte, bis zum 8.3.2018, so dass ich in den Ferien immer (wenn auch nur wenige Tage und jeder Abschied war sehr schmerzlich) Zeit mit ihm verbringen konnte. Das war ein sehr wertvolles Jahr!! Vielen Dank!
Was auch segensreich war, wenn auch nicht schön: Die Krankheit bringt ein Auf und Ab mit sich. Das heißt, es gab immer wieder Tage, wo mein Vater richtig gut dran war. Anfang Januar konnten wir herrlich in der Sonne im Schnee spazieren gehen mit Blick auf die Schwäbische Alb. Er war bis zum Schluss fast jeden Tag auf, machte Spaziergänge, saß mit am Esstisch am Ehrenplatz des Hausvaters (wenn er auch zunehmend Hilfe beim Essen brauchte, aber eigentlich noch wenig). Auch spielte er noch lange, vielleicht bis Weihnachten, Klavier, las beim Frühstück aus den Losungen vor. Beides konnte er, da das Lesen praktisch nicht mehr ging, aus dem Kopf. Es reichte beim Bibelvers, wenn er ein paar Worte las, und der Rest kam von selber.
Schon seit einigen Jahren merkte meine Mutter, dass mein Vater so viel aus der Hand geben musste, die Verwaltung der Stundenkasse, den Besuchsdienst in der Kirchengemeinde (schon in Altenrieter Jahren hat er als Kirchengemeinderat während der Vakanz des Pfarrers den Besuchsdienst bei Senioren-Geburtstagen übernommen und teilweise uns Kinder mitgenommen), das Organisieren der Orgeldienste, die Verwaltung des Familien-Geldes, Steuererklärung, Beihilfe etc. Meine Mutter erlebte schon damals eine Art Sterben, dass ihr 50 Jahre da gewesener Partner plötzlich nicht mehr konnte. Mein Bruder Gerhard übernahm viel, aber auch andere Geschwister in dieser Richtung, Martin und seine Kinder machten viel Verwaltungsarbeit, Daniel. Den größten Einsatz brachte meine Schwester Maria, die zu den Eltern zog und ganz für sie da war seit drei Jahren jetzt. Aber es fiel meinem Vater so schwer, das Loslassen. Er liebte diese Verwaltungsdinge erstaunlicherweise sehr.
So wurden seine Tage immer länger, wenn er seine geliebten Organisationsaufgaben nicht mehr hatte. Auch war er immer sehr praktisch, reparierte gerne, sorgte für Essensvorräte durch planmäßiges Einkaufen, dass auch sonst in Haus und Hof alles praktisch organisiert war, die Müll-Entsorgung, die Türen nicht quietschten, Pakete mit gutem Klebeband und guter Verpackung weg kamen, dass Fotos ausgedruckt wurden, dass am Computer alles in Ordnung war und lief. Auch viele Schwäger haben da geholfen. Aber wie traurig war es die letzten Jahre, als er das immer weniger konnte! Sein Lebensinhalt wurde ihm immer mehr genommen!
Vorbildlich war, wie er zwar zu kämpfen hatte und monatelang noch grübelte und versuchte, Abrechungen doch noch hinzubekommen! Das war eine schwere Zeit. Wenn er immer so unruhig war, auf die Zeit schaute den ganzen Tag, wann denn die Bibelstunde unten im Haus losginge. Trotz dieses Kämpfens, dieser Unruhe, dieser Sorgen, die ihn quälten, weil er noch in gewohnter Weise etwas organisieren zu müssen glaubte, trotzdem klagte er nie laut, sondern letztlich nahm er es vorbildlich hin und ergab sich in sein Schicksal. Da er immer im Leben auf fast alles verzichtete, kaum Alkohol trank, kaum essen ging, kaum reisen wollte, kaum mal Geld ausgab, fiel ihm das nun wegen der lebenslangen Übung wohl auch nicht so schwer. Er blieb dennoch meistens heiter, trocken humorvoll, ließ die anderen machen. Er hatte auch nie ein Problem, zum Arzt zu gehen, sorgte voller Engagement dafür, dass sein Parkinson auch ordentlich diagnostiziert wird, ließ sich auch vorbildlich vom Pflegedienst zu den vorgegebenen Uhrzeiten vom Esstisch wegholen und gerne die Pflege gefallen.
Meine Schwester Hedwig organisierte einen Kalender, nachdem unsere Schwester Maria an den Wochenenden und in den Ferien wenigstens ein paar Tage von uns anderen Geschwistern abgelöst wurde. So kamen wir einigermaßen über die Runden, auch wenn es zunehmend schwerer wurde mit der Pflege. Am Schluss hatte mein Vater Pflegegrad 4. In ihrem Wohnort Pliezhausen, wo es meine Eltern seit 2004 sehr gut angetroffen haben mit Kirchengemeinde und Einkaufsmöglichkeiten, auch mit dem sehr schönen Haus, das ihnen die Hahn'sche Gemeinschaft großzügig renovierte und vermietete, gab es eine sehr gute Pflegeberatung und sehr gute Diakoniestation. Zweimal am Tag kam eine Pflegerin, meine Eltern bekamen Physiotherapie.
Aber gegen Ende, als mein Vater dann kaum mehr beim Spülmaschine-Einräumen helfen konnte, gingen die Tage langsam herum und vor allem auch die Nächte. Meine Mutter hörte mit ihm ERF nachts oder Radio Horeb, sang Lieder, las Psalmen und sagte auswendig Lieder auf. Ich erinnere mich auch, dass ich ihm auf dem Tablet-Gerät vorgelesene Psalmen abspielte, was er gut aufnehmen konnte (youtube). Vor einem Jahr lasen wir ihm auch einige Zeit aus seinem geliebten Jörg Erb vor, die Lebensbilder von Heiligen und Christen. Mein Vater stürzte auch mehrmals. Weil er nur noch Haut und Knochen war, brach er sich aber nichts. Auch war er immer geschickt im Abrollen. Auch hatte er durch das Klavierspielen bis zum Schluss sehr feine und fühlsame Fingerspitzen und hörte auch immer noch sehr gut, auch das, was wir draußen vor dem Zimmer sprachen. Und er hatte auch immer noch gute Zähne bis zum Schluss.
So ging es immer auf und ab. Mehrmals im letzten Jahr hieß es, jetzt geht es in den nächsten Tagen zuende. Er sprach auch mit uns über den Tod: Es sei ein komisches Gefühl mitzubekommen, wie alle (er hatte es gut: immer viel Besuch, Kinder, süße Enkel, aber auch turbulent) über die Bundestagswahl redeten (Sept. 2017) oder später über die Vorbereitungen auf Weihnachten, er aber damit fertig werden müsse, dann gar nicht mehr zu leben! Meine Schwester Johanna fragte ihn noch ganz mutig: Wie denkst du über das Sterben, ist es schlimm für dich oder etwas Schönes? Er sagte: Es ist erträglich!
Dann wurde meine Mutter schwer krank, Lungenentzündung. Auch meine Schwester Maria hatte Fieber und starken Husten. Und auch bei meinem Vater ging es wieder einmal bergab. Alle möglichen Geschwister kamen zu Not-Einsätzen. Sogar mein Bruder Matthias aus USA kam nochmal für eine Woche, wie herrlich. Wir verbrachten wertvolle Stunden mit unserem geliebten Vater. Ohne zu wissen, ob er sich vielleicht doch wieder ein wenig erholt wie so oft bei dieser Krankheit.
Das verrückte war, meine Mutter, selber in vielem auf Hilfe angewiesen, hatte im letzten Jahr unheimlich viel, unmenschlich viel an meinem Vater getan, war nachts sehr oft für ihn aufgestanden. Oft konnte sie auch nicht mehr, dann musste das Bett mit einem Gitter abgesperrt werden, dass mein Vater in der Verwirrung nicht aufsteht und fällt. Er bekam Einlagen. Das waren sehr schwere Entscheidungen und traurige Tage! Mein Vater bekam das auch noch mit und wehrte sich gegen das Einsperren. Aber es ging einfach nicht anders. Dann kam aber wieder jemand und hatte Kraft und lief mit ihm nachts zur Toilette, gab ihm etwas zu trinken, Milch, oder Zuspruch. Er sang auch spontan Trostlieder in den langen Nächten. Da meine Mutter aber irgendwann selber so schwer krank war, konnte sie nicht mehr. Sie selber brauchte so dringend Schlaf, so dass wir sie ausquartierten in ein Nachbarzimmer, bzw. sie sich selber. Dann wachten wir Geschwister und sein Bruder aus Dortmund bei ihm reihum. Am Ende hatte meine rührende älteste Schwester die richtige Eingebung. In der Woche, in der er am Donnerstag starb, hatte sie spontan Urlaub von ihrer Arbeit genommen und kam aus Frankfurt /M. Sie und andere merkten, dass es meinem Vater sehr schlecht ging. Am Sonntag war er noch auf dem Balkon in der Sonne mit meinem Bruder Gerhard, dann aber stand er nicht mehr auf. Aufopferungsvoll war meine große Schwester rund um die Uhr da, gab ihm zunächst noch flüssige Nahrung, dann nur noch Wasser durch den Mund, dann auch das nicht mehr. Sie konnte nur noch Mund und Lippen ein wenig befeuchten.
Währenddessen lagen seine sonstigen Pflegerinnen, meine Mutter und Maria, schwer krank im Nachbarzimmer bzw. ein Stockwerk höher. Zum Schluss holte meine Schwester Johanna meine Mutter nochmal an sein Bett. Sie saßen bei ihm, beteten den 23. Psalm. Als er die Stimme unserer Mutter mit seinem immer noch so guten Gehör hörte, konnte er sterben, so erzählte Johanna. Es sei ein sehr bewegender Moment gewesen. Sie habe nicht gewusst, wie ihr geschähe und wo sie sei. In dem Moment, nach ca. 15 Minuten, sei Karls Schwester Hedwig zur Tür hereingekommen. Sie sei so froh gewesen, dass sie dann geholfen habe bei der Versorgung des Toten.
Alle Geschwister kamen angereist noch am Donnerstag. Am Sonntag war im Gottesdienst die Predigt über den Vers: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein. Wenn es aber stirbt, bringt es viel Frucht.
Ein katholischer Studienfreund tröstete mich sehr mit seinem Brief, der folgende zwei Text enthielt. Einmal, was Karl Rahner sagt über die schreckliche Tatsache des Todes. Dann einen Text von Amos Oz: Was wäre -- mal ganz atheistisch gedacht --, wenn es kein Leben nach dem Tod gäbe? Vielen Dank an meinen Freund für diesen großen und weisen Trost!
Der Rahner-Text knüpft gut an den den Text an, den sich mein Vater für seine Beerdigung wünschte. Das "Jubelwort der Liebe und des Lebens" entspricht dem, dass Paulus schreibt, nichts, auch nicht der Tod, kann uns trennen von Gottes Liebe. Dieser Paulus-Text aus Römer 8 wurde von meinem Schwager in der Beerdigungs-Predigt ausgelegt und lag auch der Gedächtnisstunde der Hahn'schen Gemeinschaft danach zugrunde. Das Text- und Liedblatt der Gedächtnisstunde folgt dann nach dem Text von Amos Oz. Die Gedächtnisstunde wurde geleitet vom Bezirksbruder Ernst Messner. Der örtliche Stunden-Leiter Ernst Graser war in diesen Tagen schwer krank und konnte nicht dabei sein. Einzelne Beiträge zur Gedächtnis-Stunde finden sich unter "Nachrufe" und "persönlichere Nachrufe".
Der Rahner-Text knüpft gut an den den Text an, den sich mein Vater für seine Beerdigung wünschte. Das "Jubelwort der Liebe und des Lebens" entspricht dem, dass Paulus schreibt, nichts, auch nicht der Tod, kann uns trennen von Gottes Liebe. Dieser Paulus-Text aus Römer 8 wurde von meinem Schwager in der Beerdigungs-Predigt ausgelegt und lag auch der Gedächtnisstunde der Hahn'schen Gemeinschaft danach zugrunde. Das Text- und Liedblatt der Gedächtnisstunde folgt dann nach dem Text von Amos Oz. Die Gedächtnisstunde wurde geleitet vom Bezirksbruder Ernst Messner. Der örtliche Stunden-Leiter Ernst Graser war in diesen Tagen schwer krank und konnte nicht dabei sein. Einzelne Beiträge zur Gedächtnis-Stunde finden sich unter "Nachrufe" und "persönlichere Nachrufe".